Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 11. Januar 2008

Nachschlag mit der Nazi-Keule

Ich mag Nazis nicht, soviel vorweg. Trotzdem muss ich an dieser Stelle Partei für sie ergreifen. Oder anders ausgedrückt: Ich finde es sehr bedenklich, mit welcher Inbrunst hierzulande die Nazi-Keule geschwungen wird. Ich plädiere dafür, mit dem Begriff endlich etwas sorgsamer umzugehen.

Machen wir uns nichts vor: In Deutschland gibt es nicht wenige Rassisten und Antisemiten, doch sind das alles Nazis?

Bleiben wir beim Stichwort Antisemitismus. Der Begriff beschreibt Jemanden, der, vereinfacht gesagt, Vorurteile gegen Juden hat. Wenn diese Menschen automatisch alle Nazis sind, dann gibt es die meisten davon wahrscheinlich in Palästina und im Libanon. Das stimmt offensichtlich nicht.

Kommt hinzu, dass man, um Nazi zu sein, noch Deutscher sein muss. Doch das hieße ja, dass es in unseren Breiten schon im Mittelalter Nationalsozialisten gab. Das ist widerum falsch, denn Luther (mit zahllosen antisemitischen Äußerungen in Erscheinung getreten) und die Menschen seiner Zeit hatten keinerlei Vorstellung von Sozialismus und mit der deutschen Nation war es damals auch nicht weit her.

OK, einigen wir uns darauf, dass deutsche Antisemiten mit einem Geburtsdatum nach 1920 Nazis sind. Doch auch das stimmt nicht, denn zum Nationalsozialismus gehört nun mal mehr, als nur der Antisemitismus. Zwar war der eine wichtige Stütze des Dritten Reiches aber eben nur ein Teil der Nazi-Ideologie. In der spielen Führerkult, eine Blut- und Bodenideologie, der Glaube an die Überlegenheit der „Weißen Rasse“ und andere Vorstellungen eine zentrale Rolle (s. hier).

Ob ein Gegenüber all diese Vorstellungen teilt und damit ein "echter Nazi" ist, kann man nur wissen, wenn man besagte Person wirklich gut kennt. Der Begriff „Nazi“ wird hingegen häufig nur dazu verwendet, den Anderen mundtot zu machen und abzustempeln. Weitere Diskussionen überflüssig. Statt mit Argumenten für die eigene, hoffentlich bessere Weltanschauung zu werben, vertieft man die Gräben und sorgt für ein weiteres Auseinanderdriften der Ansichten.

Das Gleiche geschieht, wenn aus Maulfaulheit oder Dummheit der Ausdruck „Rechtsradikale“ auf „Rechte“ verkürzt wird. Letztere muss ich in einem demokratischen System aushalten, wenn ich als „Linker“ akzeptiert werden will, gegen Erstere kann und muss ich etwas tun. Wer sich an die Spielregeln unserer Gesetze hält, den kann ich nur argumentativ bekämpfen, ihm die biedere Maske vom Gesicht reißen, seine wahren Ziele deutlich machen. Und dann jeden selbst entscheiden lassen, ob ihm das zusagt oder abstößt. In diesem Sinne sollte die präzise Verwendung der Begriffe auch verstanden werden. Erst wenn ich weiß, was mein Gegenüber wirklich will, kann ich seine Ansichten widerlegen (wenn ich es kann). Um das zu erreichen, muss ich reden, fragen, diskutieren. Keulenschläge lösen das Problem nicht, auch wenn sie kurzzeitig für Ruhe sorgen.

PS: Faschismus und Nationalsozialismus sind zwei verschiedene Ideologien auch wenn sie sich in vielen Punkten gleichen!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wobei der gemeine Rechtsradikale ja auch nur ein dummer Schlägertyp ist, dem die Ideologie egal ist - das betrifft heutige Neonazis wie die SA-Prügelkommandos der 20er und 30er Jahre.
Diese frustrierten Dummen sind zu unterscheiden von den frustrierten halbintelligenten, welche die ersteren anführen.
Die einen berauschen sich an der Gewalt, die anderen am Machtgefühl.

club|debil hat gesagt…

Und dann gibt's da noch die ganz Schlauen, die meinen, diese Leute unbemerkt dirigieren zu können und dabei auf die Schnauze fallen. Siehe D im 3. Reich. Was deren Ziele sind, ist mir allerdings noch nicht klar. Wenn sie sich nur bereichern wollten, würden sie jedes Nazi-Klischee über Juden bestätigen. Und das als "Führer der Deutschen Wirtschaft".

Achtung Witz:
Warum kann ein guter DJ niemals Nazi sein?
Weil er den Unterschied zwischen 33 und 45 kennt.